In Deutschland sind 75,8% der Frauen erwerbstätig – gegenüber 83,6 Prozent bei den Männern. Im EU-27-Vergleich ist dieser Anteil relativ hoch (EU-27-Schnitt: 67,4%). Gleichzeitig bedeutet weibliche Erwerbstätigkeit in Deutschland auch zugleich Teilzeitbeschäftigung. Knapp die Hälfte aller weiblichen Beschäftigungsverhältnisse finden in Teilzeit statt (47,3%). Nur in Österreich und in den Niederlanden ist die Teilzeitquote von Frauen noch höher. Auffällig ist auch, dass Deutschland neben Tschechien das einzige Land ist, in welchem Frauen ohne Kind (77,1%) häufiger erwerbstätig sind als ohne Kind(er) – je nach Anzahl der Kinder: 55,0 – 76,4 %. Das hängt auch mit einem vergleichsweise kurzen Bildungsweg von Frauen in Deutschland zusammen. Verdeutlicht wird das durch einen relativ hohen Anteil von Frauen mit keinem oder niedrigem Bildungsabschluss (16,7%; EU-27-Schnitt: 19,6%) und einem recht geringen Anteil von Frauen mit Hochschulbildung (30,3%; EU-27-Schnitt: 37,1%) – nur in Deutschland erhalten zudem nicht Frauen, sondern Männer häufiger eine Hochschulausbildung. Frauen treten zwar früher in den Arbeitsmarkt ein, das Alter, in welchem sie zum ersten Mal Mutter werden, ist aber nicht entsprechend niedriger. Das heißt also, vor dem ersten Kind sind Frauen in Deutschland häufiger (weil länger) erwerbstätig als Frauen in anderen europäischen Ländern.
Wenn Frauen in Deutschland Erwerbsarbeit leisten, dann meist für eine deutlich geringere Bezahlung als ihre männlichen Kolleg:innen. Die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern (sog. Gender Pay Gap) ist mit 18,3 % fast nirgends in der EU so hoch wie in Deutschland. Sog. typischen Frauenberufe (Pflege, Soziales, Erziehung) werden in Deutschland deutlich schlechter entlohnt werden; auch weil sie – auf Grund geringerer Betriebsgrößen – seltener tariflicher reguliert sind bzw. stärker mit Tarifflucht der Arbeitgeber:innen zu kämpfen haben. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass Frauen in Deutschland schlechter organisiert sind. Zwar existiert in Deutschland seit 2015 eine Lohnuntergrenze in Form des gesetzlichen Mindestlohns, doch dieser ist zu gering, um die Differenz zwischen den Geschlechtern spürbar zu verringern.
Ähnlich schlecht wie in Bezug auf den Lohn sieht es für Frauen in Deutschland in Sachen Altersversorgung aus. Auch auf Grund der in der Logik des Sozialstaates liegenden Manifestationen wirtschaftlicher Abhängigkeit vom/von der Partner:in zählt Deutschland 2019 mit 29,4% EU-weit zur Spitzengruppe bei der Geschlechterrentenlücke (sog. Gender Pension Gap).
Doch wie gestaltet sich die Situation von Frauen in der Arbeitswelt in anderen europäischen Ländern? Welche Länder können in einzelnen Bereichen oder im Gesamten als Inspiration dienen? Welche Länder bieten eher ein abschreckendes Bild in Sachen Gleichberechtigung? Gerade im Jahr der Europa-Wahl lohnt ein Blick zu unseren Nachbar:innen…
Mit unserer kleinen Ausstellung „Hallo, ich bin… Frauen. Arbeitswelt. Europa“ möchten wir neugierig machen – neugierig auf die Idee, dass auch andere Gleichstellungsrealitäten möglich und erstrebenswert sind,. Gleichzeitig möchten wir zeigen, dass auch negative (Rück-)Entwicklungen denkbar sind und abgewehr werden müssen. Das gilt gerade in Zeiten, in denen wir ein Aufstreben rechter Ideologie in ganz Europa erleben. Und rechte Politik gefährdet IMMER auch Frauen- und LGBTQI*-Rechte.
Für alle, die es nicht zwischen 3. und 8. März 2024 ins Gewerkschaftshaus geschafft haben, ist die Ausstellung nun hier in digitaler Form verfügbar. Viel Spaß!
Geplant ist es, die Länderauswahl kontinuierlich zu erweitern. Hast Du direkt ein Land im Sinn, welches unbedingt schnell ergänzt werden muss? Melde Dich gerne. Wir laden Dich auch herzlich dazu ein, Dich an der Erweiterung zu beteiligen.
Quellen:
Das statistische Amt der Europäischen Union 2024.
EIGE – European Institute of Gender Equality 2024.
ICTWSS Database 2019.
Statistisches Bundesamt 2024.
Wikipedia 2024.