In diesem Veranstaltungsarchiv finden Sie die Dokumentation der einzelnen Veranstaltungen zum Thema "Nachhaltige Mobilität". Weiteres Material finden Sie auch unter Materialien/Downloads in der Kategorie Nachhaltige Mobilität.
28. November 2024
Projekt: Sozial-ökologische Transformation. Gemeinsam. Gerecht. Gestalten.
OSNABRÜCK SUCHT: MOBIL, NACHHALTIG, SOZIAL FÜR GEMEINSAME VERKEHRSWENDE
Um die Klimaziele zu erreichen, muss im Verkehrsbereich deutlich mehr CO2 eingespart werden als bisher. Hierfür bedarf es einer Trendwende hin zu klimafreundlichen Fortbewegungsmitteln. Einer stärkeren Nutzung des ÖPNV kommt folglich eine entscheidende Rolle zu. Trotzdem hat der motorisierte Individualverkehr in den letzten Jahren sogar noch zugenommen. Der ÖPNV muss also attraktiver werden. Unübersichtliche Tarifstrukturen, ungünstige Taktungen, immer häufiger werdende Verspätungen, übervolle Busse und Bahnen und Fahrtausfälle machen einen halbwegs zuverlässiges Ankommen – insbesondere zur Arbeitsstätte – aber oft fast unmöglich. Für Osnabrück, so sind sich die circa 35 Teilnehmenden in einem anfänglichen Stimmungsbarometer überwiegend sicher, könnte eine Verbesserung der Qualität aber schon kurzfristig zu einer stärkeren Nutzung des ÖPNV führen.
Mit der Frage, welche schnell umsetzbaren und gleichzeitig hoch effektiven Maßnahmen für eine solche Verbesserung sorgen könnten, beschäftigte sich der erste Referent des Abends. Dr. Thorsten Ebert stellte in seinem Vortrag das gemeinsam mit Prof. Dr. Carsten Sommer und Dr. Melanie Herget erarbeitete ÖPNV-Sofortprogramm 2025 vor, welches im Auftrag von Greenpeace Deutschland angefertigt wurde. Im Fokus des Gutachtens stand – auch mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben auf EU- und Bundesebene mit engem Zeithorizont – dabei die Effektivität der Maßnahmen, ihre Kosten wurden nachrangig behandelt. Neben Pull-Faktoren (Erhöhung des Angebotsumfangs, Verkürzung der ÖPNV-Reisezeit, attraktive Tarifierung, Verbesserung des Images des ÖPNV u.v.m.), die für Qualitätssteigerungen im ÖPNV sorgen, bedürfe es zudem auch Push-Faktoren, die die Attraktivität eines privaten PKW bzw. dessen Nutzung senken würden (z.B. Senkung von zulässigen Höchstgeschwindigkeiten, Wegfall von Kfz-Fahrstreifen, Erhöhung von Parkgebühren, Reduktion von PKW-Stellflächen). Der Umsetzung steht allerdings vor einigen Herausforderungen. Darunter fallen der hohe Finanzierungsbedarf, die bestehenden Aufgabenträgergrenzen, der restriktive gesetzliche bzw. bürokratischer Rahmen, die bestehenden „autoorientierten Strukturen“ sowie die Personalverfügbarkeit im Fahrdienst und in anderen Bereichen des ÖPNV.
Im folgenden Input ging Reiner Schäl (ver.di-Landesbezirk Weser-Ems) dann aus beschäftigungs- und tarifpolitischer Perspektive auf die ÖPNV- und SPNV-Branche ein, die vor einem jetzt schon enormen und sich in Zukunft noch weiter verschärfendem Personalbedarf stehe (u.a. durch den hohen Anteil der Baby-Boomer im Fahrdienst und eine hohe Fluktuationsrate). Um diese Lücke zu schließen, muss ein Arbeitsplatz im ÖPNV attraktiver werden – auch um die besonderen Herausforderungen, die die Tätigkeiten mit sich bringen, aufzufangen (hohe Stressbelastung, Schicht- und Feiertagesarbeit, persönliche Sicherheit). Dafür gibt es viele Stellschrauben: Löhne, flexible Arbeits- und Schichtpläne, Arbeitszeiten, Urlaubsansprüche, Hygienesituation). Die zerklüftete Tariflandschaft (viele Haustarife, viele AG ohne Tarifvertrag) erschweren dies jedoch enorm.
Schließlich berichtete Gregor Ilsemann (Betriebsrat SWO Mobil GmbH) von der Situation im Osnabrücker Fahrdienst. Auch hier stehe man vor der Herausforderung, ausreichend Personal zu gewinnen. Betriebsrat und Geschäftsführung agieren hier teils gemeinsam – z.B. durch das Werben für die Arbeit im ÖPNV an Schulen/Berufsschulen. Es gibt aber auch Positives zu berichten: Im Unterschied zu vielen anderen Regionen sei es in Osnabrück inzwischen gelungen, nahezu alle Osnabrücker ÖPNV-Beschäftigten in einen Tarifvertrag und Arbeitgeber zu überführen.
In der abschließenden Diskussion waren sich Publikum und Referenten einig: Eine Mobilitätswende ist nicht allein durch Investitionen in Technik möglich, sondern bedarf einer echten Wende bei den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im ÖPNV.
28. Februar 2024
Projekt: Sozial-ökologische Transformation. Gemeinsam. Gerecht. Gestalten.
NACHHALTIGE MOBILITÄT: WAS KÖNNEN WIR IN OSNABRÜCK VON EUROPA LERNEN?
Im Vorfeld der Veranstaltung haben wir eine kleine Umfrage unter den Angemeldeten zum Thema "Verkehrssituation in Osnabrück" durchgeführt.
Zunächst hörten die Teilnehmer:innen einen Vortrag von Dipl. Geografin Martina Hertel vom Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin (difu), in dem sie europäische Beispiele für eine gute Praxis nachhaltiger Mobilitätsplanung vorstellte. Frau Hertel wählte dabei drei der zehn in der difu-Studie untersuchten Städte aus, die auf Grund ähnlicher Rahmenbedingunen zumindest in Teilen für Osnabrück anschlussfähig werden: Ljubljana (Slowenien), Vitoria Gasteiz (Spanien) und Leuven (Belgien).
Moderiert von Benjamin Sadler (Leiter der Stabsstelle Nachhaltigkeit, Diakonie Stiftung Salem) diskutierte dann ein Podium aus lokalen Verkehrsakteuren (Stadtbaurat der Stadt Osnabrück Frank Otte und Geschäftsführer der Planungsgesellschaft Nahverkehr Osnabrück Werner Linnenbrink) und Expert:innen aus Wissenschaft (Prof. Dr. Wolfgang Seyfert, Hochschule Osnabrück) und Arbeitswelt (Andreas Schackert, ver.di Bundesfachgruppenleiter Bus und Bahn). Thematisiert wurden dabei die Herausforderungen, vor denen Osnabrück aktuell steht, die Übertragbarkeit der vorgestellten Konzepte bzw. Einzelmaßnahmen und die Rahmenbedingunen für eine gute und nachhaltige Verkehrsinfrastruktur. Alle Diskutant:innen stimmten überein, dass einem funktionierenden öffentlichen Personennahverkehr eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung der Klimaziele im Verkehrssektor zukomme. Dafür müssten aber die entsprechenden finanizellen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden. Wie in den meisten Städten leiden die Verkehrsbetriebe in Osnabrück an einem verherrendem Personalmangel, der die Zuverlässigkeit und Qualität des Osnabrücker ÖPNV erheblich (negativ) beeinflusst. Es herrscht zunehmende Unzufriedenheit in der Stadt. Dieser Situation müsse entgegen gewirkt werden, so Schackert, und zwar durch bessere Arbeitsbedingungen, die sich nicht allein am Lohnzettel ablesen ließen. Die anspruchsvollen Arbeitszeiten der Fahrdienstbeschäftigten verlangen nach Entlastung. Schließlich stehen die Nahverkehrsunternehmen im Wettbewerb um die dringend benötigten Fachkräfte auch in Konkurrenz mit anderen Branchen wie z.B. der Speditionsbranche. Eine Gelegenheit die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern, bietet sich gerade im Rahmen der Tarifverhandlungen im Nahverkehr.
Mit freundlicher Unterstützung von: